„Albumbesprechung“ III

Marteria – Roswell

 

Die Erwartungen von meiner Seite waren recht groß, auch wenn ich weit entfernt davon bin Hardcorefan zu sein, der jeden Song, besonders von den Älteren, kennt. Die aktuellen Sachen und und auch die Marsimoto Songs finden dennoch auf fast jeder Playlist Platz. Hinzu kommt, das ich Marteria Live bockstark finde. Keiner konnte RaR damals besser (vorläufig) zu Grabe tragen. Und ich rede hier nur von einer TV-Übertragung die mich komplett abgeholt hat. Mein einziges direktes LIVE Erlebnis hat für immer einen Platz in meiner Top10 der besten Festivalauftritte. Aber das nur als kurzer Exkurs. Kommen wir zum Kern der Sache: Dem Album.

Der Name lässt schon vermuten, thematisch geht es um Aliens und Invasion. Marteria schlüpft dabei in die Rolle des unbekannten Wesens.

Aus Area 51 wird Marteria 51
Aus Roswell wird Rostock!

Selbstverständlich wird dies gekonnt genutzt um in den einzelnen Songs eben genau damit zu spielen, um Alltagsbeobachtungen zu schildern, Kritik zu üben oder aber einfach um sein Leben zu beschreiben. Dazu aber später noch mehr.

Musikalisch wird sich dem Thema auch genähert. Es gibt viele Synthiebeats, hier und da ein paar hoch gepitchte Vocals/Effekte im Hintergrund. An der Produktion gibt es wie gewohnt nichts zu meckern. Das Ganze Album ist durch die Bank weg sauber produziert, ohne dabei aber an Druck zu verlieren oder zu glatt zu klingen.

Das Intro Roswell hat gerade zu Anfang diese schöne herrliche Bedrohkulisse, als käme es direkt aus einem 80er SciFi Film.

Endlich darf ich diese Erde hier betreten
Werd‘ begleitet von Jericho-Trompeten

Willkommen im wahrscheinlich geilsten Rap Album des Jahres!

So langsam komm‘ ich runter, der Flug war Katastrophe
Park‘ mein Ufo vorm McDonald’s in der Fußgängerzone
Passagenkids spielen Fußball mit Dose
Hose in den Socken und Tupac-Gard’robe
Der Typ auf der Straße hat für Schuhe keine Kohle
Seh‘ schwarz-weiß, weil ich da oben überm Foot Locker wohn‘
Sitz‘ im Park mit mein’n Kumpels Glutamat und Lactose
Alles hier riecht nach Dope und schmeckt nach Guacamole
Vater Staat bringt seine Tochter zur Schule im Opel
Der Junge mit dem Skateboard kauft ’ne Juice und Kondome
Murat und Ole bemal’n die U-Bahn mit Schablone
Mann, was wär‘ ich nur ohne?

Kann man mehr Inhalt in eine Strophe packen? Zumindest nicht mit mehr Stil. Das Ganze ist so typisch Marteria. Allerdings muss ich sagen, dass ich mit dem Song am Anfang nicht warm geworden bin. Es brauchte vier/fünf Anläufe aber dann hat er gezündet. Das Feature mit Teutilla sitzt. Läuft. Die Messlatte ist gelegt, hoch, aber ich glaube da kommt man locker noch drüber.

Ich werd‘ verrückt hier unten, Scotty, wann geht’s endlich los?
Wer hat sich das hier ausgedacht? Wer war dieser Idiot?

Jetzt sitz‘ ich hier – schwerelos im Schneidersitz
Kein oben, kein unten, Tag und Nacht das gleiche Licht
Bin hier ganz alleine, kam ja leider keiner mit
Schick mich zurück, dahin wo’s Schweinefleisch und Weiber gibt

Scotty Beam mich hoch ist ein solider Song mit einer ziemlich lässigen Hook. Kein Highlight auf der Platte, aber solide.

Du kannst nichts? Irgendwas hindert dich immer daran einen Job auszuüben? Und eigentlich geht es dir auch nur darum, Geld auszugeben, in schicken Villen zu leben? Perfekt. Dann werd doch einfach President. Eine bessere Beschreibung gewisser politischer Entwicklungen in letzter Zeit kann man nicht liefern. Der Beat dient hier dazu um das Ganze Dilemma noch weiter zu untermauern indem man El Presidente in die Drogenbossecke stellt.

Yeah, reite die Welle, verprass die Million
Bau dir ein’n Palast und bewach deinen Thron
Sitzt auf deiner Zitadelle mit ’nem Fernglas aus Chrom
Genieß deine Zeit bis zur Revolution!

Die zweite Single Das Geld muss weg fällt nach diesem Song dann wieder etwas ab, wobei als Single durchaus gut gewählt. Sehr hohes Radio- sowie Chartspotential.

Tauchstation ist wohl der persönlichste Song Marterias. Nachdem er an einem akuten Nierenversagen litt, war es wohl Zeit etwas kürzer zu treten. Starker Song.

Wenn jeder in der Stadt schon mal auf deinem Sofa saß
Deine Nummer hat und dich fragt, was du Montag machst
Den Absprung schaffen, die Reißleine zieh’n
Der Eiszeit entflieh’n fällt nicht leicht in Berlin

Generell bleibt es nun auch erst einmal düster. Blue Marlin (Der Fisch den Ernest Hemingway in „Der alte Mann und das Meer“ beschreibt) beschreibt wie Marteria in dem Angeln sowas wie einen Ausweg gefunden, bzw. eine Ruhepol in seinem Leben. Dieser Moment Mann gegen Fisch. Ein Ehrlicher Moment. Es geht nicht ums töten, sondern nur um diesen einen Moment. Doch auch wir, die Menschheit, kriegt zurecht ihr Fett weg, da wir weiter und weiter den Lebensraum eben jenes Fisches und aller anderen zumüllen.

Blue Marlin, hab‘ dich mein Leben lang gesucht
Dachte schon all die Meere sind verflucht
Blue Marlin, wollte dich nur kurz was fragen
Geh ran jetzt! Hallo, ich bin Marten!
Blue Marlin, hab‘ dich mein Leben lang gesucht
Dachte schon die Ozeane sind verflucht
Blue Marlin, und du schenkst mir diesen Tag

Ich wünsch‘ dir Glück auf deiner Reise
Sei nicht dumm, beweg dich leise
Halt dich fern von diesen aussterbenden Lebensformen
Ich bete, dass du diesen Plastikteppich nie zu sehen bekommst

Jetzt wird es wieder fröhlicher. Cadillac ist so ein verdammt derber Ohrwurm. Summ den Refrain seit Tag eins. Der Song hat so einen verdammt guten Flow. 30 Grad im Schatten, Cocktail in der Hand, Strand und Geld verprassen. Ob der Text mir genau das sagen will? Kein Plan, ich bin noch am flowen. Ich liebe dieses Lied. Mein absolutes Highlight!

Links ist sooo typsich Marteria und erinnert mich gleichzeitig an Marsimotos Zecken. Vom Beat her der Song der am ehesten auf einem der Vorgänger Alben hätte gepasst.

Große Brüder sowie Skyline mit zwei Türmen sind typische, solide, Songs über die Vergangenheit.

Kommen wir zum letzten Song. Elfenbein ist für mich der schwächste auf dem Album. Zu viel Lila Wolken, zu sehr Single. Nicht meins. Kann man sich sparen. Ist aber nicht weiter schlimm. Das Album hat genug Highlights zu bieten.

Ich kann für das Album eine klare Empfehlung aussprechen. Viel habe ich nicht auszusetzen, außer vielleicht dass sich der Beat bei manchen Songs vielleicht doch ein klein wenig zu ähnlich ist, aber das ist jammern auf hohem Niveau.

!tre!

Bevor ich es vergesse:

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Paul Fehm

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