„Albumbesprechung“ II

Antilopen Gang – Anarchie & Alltag / Atombombe auf Deutschland

Lieber spät als nie, will ich doch auch noch schnell ein paar Gedanken zum aktuellen Antilopen Album loswerden.

Ihr sollt den Tag nicht vor dem Abend loben
Ihr habt das trojanische Pferd durch die Tore eurer Stadt geschoben
Ihr habt gedacht, ihr könntet uns dressieren
Doch wir haben euch überlistet und zerstören euch von innen

Die Gang ist nach Aversion und Abwasser also wieder zurück. Nach ihrem Erfolg mit Aversion und dem damit verbundenem medialem Hype um die Band selber kann ein Eröffnungstrack nicht besser gewählt sein. Es geht hier genau um die Frage, warum die Band oftmals von denen so gehypt wurde/wird, die sie eigentlich ständig kritisieren. Aber wer auch vieles mitmacht, der muss sich ja auch nicht wundern, oder? Genau dieser Widerspruch, oder ist es überhaupt keiner, ist der Kerngedanke des Tracks. Was soll man dieser Gang nun glauben, was nicht? Sie behaupten einfach, sie hätten uns alle verarscht, verarschen uns aber damit direkt wieder?! Findet es doch einfach selber raus.

Patientenkollektiv steht thematisch für einen ganzen Brocken auf dem Album. Dem Thema Ängste, Depressionen und dem ganzen Scheiß der da noch so mit dran hängt. Die eigene Geschichte wird konsequent hinterfragt, aber auch, typisch für die Antilopen, die ganze kranke Welt als Ursache für den eigenen Scheiß im Kopf. Aber auch in dieser vermeintlichen Schwäche wird das positive gesucht und für sich genutzt.

Meine Schwachstellen sind gleichzeitig meine größte Stärke
Nach ein paar Monaten Tabletten ging’s mir wieder gut
Meine Schlussfolgerung ist: Ich würde alles wieder tun
Ich bin zwar ein Psycho-Wrack und wirke oft verwirrt
Doch lieber ab und an mal ausgebrannt als völlig resigniert

In die gleiche Kerbe schlagen Lieder wie „Alf“, „Hilfe“ sowie „Fugen im Parkett“. Wobei „Alf“ für mich der stärkste der Songs ist, da diese Verbindung zwischen Depressionen und der Serie Alf, die ich als Kind als pure Unterhaltung geschaut habe, zunächst absolut absurd erscheint, aber lässt man sich auf den Text ein, dann merkt man schnell wie das doch irgendwie alles zusammenhängt. ich glaube, ich werde Alf nie wieder auf diese unbefangene Art schauen können, wie ich es noch als Kind gemacht habe.

Ich hab mich oft gefragt, wie Alf es eigentlich schafft
Dass er nicht völlig verzweifelt und immer so viel lacht
Kein Rapper oder Komiker hat Sprüche so wie er
Doch das ist nur Oberfläche, denn im Inner’n bleibt er leer
Ich kenn’ das von Depressiven, die am Ende mit den Nerven sind
Und finde mich auch selbst darin wieder, wenn ich ehrlich bin

Baggersee ist ein typischer Antilopensong im krassen Punkgewand. Es geht um den Hass auf alles und jeden in Deutschland. Wieder völlig drüber, aber immer mit der Frage im Hinterkopf, wie ernst ist es den Jungs jetzt im Endeffekt damit.

Der historische Fehler, dass Deutschland existiert
Wird durch den Baggersee hier und heute korrigiert
Weg mit dem Scheißland, wir wollen ei’n Strand
Limo, Bikini, Sombrero und Eisstand
Ok, für paar Jahre bisschen atomare Strahlung
Aber Leute es gibt immer einen Kollateralschaden
Manche finden das mit der Atombombe voreilig
Denk mal nach, also ich seh‘ nur Vorteile

Auf den Song „Pizza“ will ich gar nicht näher eingehen. Jeder sollte wissen: Pizza ist Leben und Liebe zugleich. Da bedarf es keiner weiteren Besprechung. Jeder der was anderes behauptet ist FAKE NEWS.

Aber natürlich darf auch die Kritik gegen sämtliche Arschlöcher aus dem radikalem Lager nicht fehlen. Im Song „Tinder Match“ wird deutlich wie nahe sich sämtliche Extremisten doch im Endeffekt sind und sich durch ihr Verhalten einfach gegenseitig in die Hände spielen und damit eine vermeintliche perfekte Beziehung führen. So bitter aber auch so wahr. Keine Ironie, keine lustige Pointe.

Musikalisch bietet das Album genug Abwechslung und wird mir zu keinem Punkt langweilig. Bis auf den Song „Baggersee“ haben wir es hier mit einem recht reinem Hip-Hop Album zu tun, welches dabei aber verschiedene Beats und Spielformen abdeckt. „Das trojanische Pferd“ und „Hilfe“ zeigen das ganze Spektrum recht gut.

Aber da war ja noch was. Dieses Bonusalbum. Das was bei vielen anderen Künstlern zwar eine nette Dreingabe ist, aber oftmals nicht mehr als das ist. Hier ist es etwas anders. Es handelt sich hier um ein Coveralbum der größten, schönsten sowie schlausten Hits der Gang. Jedes mit Feature einer  Punkgröße. Von Bela B, Ingo Donot über Cecilia Boström ist für Jeden was dabei.

Wenn nicht noch eine große Überraschung in diesem noch jungen Jahr auf uns zukommt, dann haben wir hier das Punkalbum des Jahres vor uns liegen. Glaubt ihr mir nicht? Hört doch selber rein.

Kauft euch Bitte dieses Album! Also wenn ihr Bock auf gute Musik habt.

!tre!

Hinterlasse einen Kommentar

Paul Fehm

animal scribax Heidelberg

The Fake German

Discovering Berlin since 2016

PrettyHealthy

My pretty life.

SHENMUE.DE

Das inoffizielle deutsche Shenmue-Fanblog

musikmanie

So mancher Tonträger hat schwer zu tragen.